Samstag, 16. September 2017

Es lebe Cádiz!

Man sollte nie die Hoffnung aufgeben!


Obwohl aller Anfang gestern schwer war, klappte dafür heute alles umso besser. Bis zum Mittag konnte ich ein WG-Videogespräch und zwei Wohnungsbesichtigungen vereinbaren. Endlich lernte ich auch Pilar kennen, meine aktuelle Vermieterin, die eine wirklich nette Person ist. Katja, ein Freund von ihr und Pilar aßen gemeinsam mit mir Mittag. Sofort war das Gefühl fehl-am-Platz-zu-sein, was sich gestern immer mehr in mir ausgebreitet hatte, in der Luft verpufft. Bevor ich mich zu meinen Terminen aufmachte, plauderten wir gemütlich, fast so, als würden wir uns schon ewig kennen und Pilar brachte mich zur Bushaltestelle, die mich ins Zentrum bringen würde.




Brav wartete ich und vertraute darauf, dass der Bus in der nächsten Viertelstunde erscheinen würde. 
Kurz darauf erkundigte sich eine Frau, die mich anscheinend für eine Einheimische hielt, ob die 7 denn demnächst hier halten würde.
Was hättest du mit dem momentanen Wissensstand gesagt?
„Ja, natürlich.“
Und wie so oft beim Vorführ-Effekt tritt dann gerade das, was man erwartet hat, natürlich nicht ein.
Ein paar weitere Minuten später fragte mich eine Frau mit deutschem Akzent genau das gleiche. Ich gab ihr daraufhin die gleiche Antwort. Nur nahm die deutsche diese Antwort nicht so an, wie ihre Vorgängerin: Sie deutete auf den Plan und meinte, dass es am 4.9. eine Fahrplanänderung gegeben hätte und der Bus mit Nummer 7 heute Nachmittag nicht kommen wird. Als wir dies den anderen dann auf Spanisch mitteilten, setzte sich die gesamte Traube, die sich inzwischen um die Haltestelle versammelt hatte, in Bewegung und trabte uns hinterher.

Im Bus Nummer 1 wollte die Frau natürlich wissen, was ich in Cádiz mache und warum mein Spanisch so gut sei. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft wurde mir vor Augen gehalten, welchen Traum ich gerade tatsächlich lebe. Mir wurde schlagartig die Möglichkeit bewusst, für ein halbes Jahr eine tolle Stadt direkt am Meer bei sommerlichen Temperaturen erkunden zu können. Sowas ist keine Selbstverständlichkeit! Von einem schlechten Start lasse ich mir von nun an nicht mehr die Motivation rauben. 

 
Im Zentrum angelangt waren alle Zweifel, ob ich mich in Cádiz einleben könnte, augenblicklich besiegt. Die Altstadt ist wunderschön! Es gibt viele von Palmen flankierte Alleen. Kleine verwinkelte Gässchen wechseln sich mit größeren Plätzen ab, welche von wunderschönen Hausfassaden ummauert werden. Der Baustil ist faszinierend man kann ständig etwas Neues entdecken: Sei es eine hübsche Statue, eine Open-Air-Zumba-Tanzgruppe oder ein architektonisch-interessantes Gebäude. Die Deutsche aus dem Bus brachte mich noch gemeinsam mit ihrem Mann ein Stück weit in meine Richtung, bevor ich mich dankbar verabschiedete.



Gut gelaunt begutachtete ich das erste Zimmer, welches keine 5 Laufminuten von meiner Fakultät entfernt liegt. Ich wurde von einer netten älteren Dame und ihrer Freundin empfangen, anschließend noch zum Kaffeetrinken eingeladen und plauderte kurz mit ihnen. Gerne kann ich wiederkommen, meinten sie, selbst dann, wenn ich das Zimmer nicht nehmen sollte.
Danach lief ich zügig in Richtung der Strandpromenade an der südlichen Stadtmauer, um mich mit Pilar und Susann, die auch in Jena studiert und letztes Wintersemester an die Universidad de Cádiz gegangen war, zu treffen. Vorbei kam ich dabei an meiner zukünftigen Fakultät, die sich in einem riesengroßen, ehrwürdigen Gebäude befand vorbei, blieb aber trotz meiner Eile, kurz bewundernd stehen und staunte nicht schlecht. Solche Bauden hat Jena seinen Studenten nicht zu bieten! Ganz zu schweigen von der Strandnähe.



Zusammen mit Pilar, Susann und ihren Eltern spazierten wir die malerische Strandpromenade entlang, die in beide Richtungen einfach nur schön aussah: Im Osten erstreckt sich ein großer Sandstrand, der von einer Reihe von Hochhäusern umsäumt wird, schließlich mit den Stadtmauern abgegrenzt und von der wunderschönen Kathedrale, dem Wahrzeichen von Cádiz, abgelöst wird. Der Blick in die andere Himmelsrichtung ist nicht weniger eindrucksvoll, denn in den Ozean hinein erstrecken sich zwei Festungen: „Castillo de San Sebastián“ und auf der anderen Seite der kleinen Bucht befindet sich „Castillo de Santa Catalina“.


Die untergehende Sonne begleitete uns auf unserem Spaziergang entlang der Küste, vorbei am Parque Genovés, der mich mit einem Tunnel begeisterte, von dessen Öffnungen aus man zwischen Wasserfällen hindurch den Rest des Parks in Augenschein nehmen konnte. Obwohl Pilar und ich uns von den anderen verabschiedet hatten, weil sie müde war und nach Hause wollte, zeigte sie mir dennoch eifrig einige Orte, die sie an der Stadt besonders liebte und wurde dadurch umso munterer. Ihre Art und Weise mir von Cádiz zu erzählen, bestätigte mich nur noch mehr, dass dieser Ort genau der richtige für einen Erasmusaufenthalt ist. Begeistert hing ich an ihren Lippen und war sehr dankbar, dass sie sich die Zeit für mich nahm.




Gemeinsam gingen wir zur nächsten Wohnung. Meine momentane Glückssträhne hielt offensichtlich an, da sogar ein Mitbewohner in der WG war, obwohl ich den Vermieter, der unterwegs war, nicht mehr erreicht hatte. Die Tatsache, dass man auf das Hausdach hinaufgehen kann, welches einen fantastischen Blick über die komplette Altstadt zu bieten hat, fällte meine Entscheidung. „Hier will ich wohnen!“, das wusste ich sofort. Da er noch nichts von meinem Besuch erfahren hatte, staunte der Vermieter nicht schlecht, als ich ihm per Whatsapp mitteilte, dass ich umgehend in das Zimmer einziehen will. Am Montag ist mein tolles Zimmer dann einzugsbereit.



Abends aßen Pilar und ich spanische Empanadas gemütlich im Wohnzimmer und schauten spanisches Fernsehen. Ein super gelungener zweiter Tag!

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