15.09. - Ankunft in Cádiz
In aller Frühe: Meine Eltern und meine beste Freundin Pia
verabschiedeten mich am Dresdner Flughafen. Über Pias Erscheinen war ich trotz
ihrer vorherigen Zusicherungen ehrlich gesagt doch ein wenig überrascht, denn
Frühaufsteherin ist sie gewiss nicht. Es folgten ein paar aufmunternde Worte,
die mir mit auf den Weg gegeben wurden, und kräftige Umarmungen bevor ich mich
umdrehte und meinem neuen Abenteuer entgegenblickte.
Wer davon ausgeht, dass Abenteuer nur Positives an sich
haben, blendet die andere Hälfte des Zweifels und der Hindernisse einfach aus.
Zu guter Letzt gibt es da noch die Unsicherheit, die mir wenigstens teilweise
durch eine Nachricht am Vortag genommen wurde. (Seit Monaten hatte ich mein
Zimmer sicher und alles abgesprochen, doch plötzlich erreiche ich meine
Vermieterin Pilar seit über einer Woche nicht mehr – am Donnerstag jedoch kam schließlich
eine überraschte Rückmeldung: „Ach Julia! Ich habe gar nicht mehr mit deiner
Ankunft gerechnet. Wann kommst du denn morgen an?“)
Ein mulmiges Gefühl bei der ganzen Anreise machten mir nicht
nur die Flugverspätungen (1. Flug von Dresden nach Düsseldorf 20 Minuten, 2.
Flug von Düsseldorf nach Jerez de la Frontera 1 Stunde zu spät), sondern auch die Tatsache,
dass Google Maps mir keine Zugverbindung im Zeitraum von 13 Uhr bis 19 Uhr
(meine geplante Ankunft 13:55) mitteilen wollte. Nun stand ich ahnungslos am
Flughafen, endlich wohlbehalten in Cádiz angekommen und sah zu, wie ein Mann
einfach meinen Koffer vom Gepäckband nahm und ihn inspizierte. Ich brachte noch
ein: „Der gehört mir!“ hervor und verschwand mitsamt meinem Koffer, bevor er
reagieren konnte. Nächste Herausforderung nach dem Zugticketkauf war es, den
richtigen Zug tatsächlich ausfindig zu machen: Richtung Cádiz hörte sich erstmal
richtig an.
Theoretisch sollte der Zug (nachdem ich mehrmals Einheimische
fragte, ob denn der Zug zu meinem Ziel fahre und sie dies mehrfach bejahten)
auch an meiner Station Estadio halten. Vorbeifahren tat er tatsächlich, nur
eben halten nicht, weshalb ich mich am Hauptbahnhof wiederfand und ein paar
Stationen mit einem anderen Zug die gleiche Strecke zurückfahren musste. Mission
accomplished – endlich war
ich an meiner Station! Nachdem
ich die zwei schweren Koffer die Treppe allein hochgehievt hatte, weil die
Rolltreppe gerade auf meiner Seite kaputt war, stellte ich fest, dass es einen
Fahrstuhl in der Station gab. „Aber was soll’s!“, dachte ich. „Das trainiert
die Armmuskeln und gleich bin ich ja da: Ich komme an, treffe meine nette
Vermieterin Pilar, die mir mein niedliches kleines Zimmer, mit einer Tür zum
Balkon mit Blick aufs Meer, zeigen wird.“
Blick vom Balkon - hinten links ist das Meer |
Pustekuchen! Die Realität sah so aus: Ich komme an (schaue
mich gleich nach dem Fahrstuhl um, der glücklicherweise vorhanden ist) und ein
Mädchen macht mir die Tür auf. Es stellte sich raus, dass sie die Tochter der
Vermieterin ist, die mir kurz die Wohnung zeigt, bevor sie wegmuss. Mein Zimmer
ist klein und hat keinen Zugang zum Balkon und durch die Fenster hört man jeden
der unzähligen kläffenden Hunde aus dem Innenhof. Als wäre es nicht düster
genug im Zimmer, ist die Deckenlampe kaputt. Doch nicht nur meine, sondern auch
die Deckenlampe im Bad und in der Küche. Die Wohnlage ist meilenweit weg von der Uni, das Meer kann man vom Minibalkon
hinter den anderen Hochhäusern nur erahnen und in dem Zimmer, was ich gerne
gehabt hätte, wohnt eine besagte Katja, die nun mal eher als ich da war.
Pech
gehabt!
Geknickt antwortete ich noch ein paar Nachrichten von
Leuten, die wissen wollten, ob ich gut angekommen bin und wie es mir denn in
meinem neuen zu Hause gefallen würde.
Das dunkle Zimmer. Noch lasse ich Sachen im Koffer. |
Zum Glück bin ich keine Person, die lange trauert, sondern
recht schnell tatkräftig wird, um das Beste aus einer Situation zu machen.
Katja kam kurze Zeit später nach Hause. Ich bat sie, mit mir Lebensmittel
einkaufen zu gehen. Nahrung reicht erstmal aus zum Überleben. Bis auf die
Tatsache, dass Katja mein Zimmer hat, ist sie eine freundliche Person und ich
freue mich einen ersten Kontakt hier zu haben. In dem tristen Heim also der
zweite Mensch, mit dem man sich unterhalten kann.
Jetzt muss ich nur noch etwas an meiner Wohnungssituation
ändern. Den ganzen Rest des Abends verbringe ich damit, attraktive Angebote aufzuspüren
und finde trotz des Lärms, der durch den Innenhof in mein Zimmer dringt, irgendwann
den Weg in die Welt der Träume.
Die positive Hälfte meines Abenteuers erwarte ich
sehnsüchtig!
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