Freitag, 25. November 2016

Bald ist das Jahr zu Ende


Einer meiner Lieblingsorte, um zu entspannen

Wer dachte, dass ich in Argentinien die ganze Zeit Urlaub mache, der hat sich geirrt! Die letzten zwei Wochen war ich am durchbüffeln. Fast jeglicher Freizeitaktivitäten beraubt, legte ich meinen Fokus darauf, gut bei den zweiten Zwischenprüfungen abzuschneiden. Mit viel Angst und Bangen brachte ich sie hinter mich. Es erreichten mich sogar schon die ersten positiven Rückmeldungen.
Außerdem werde ich in der Stadt Neuquén langsam zu einer Berühmtheit. Neben dem Interview, welches am Anfang in der Zeitung gelandet ist, gibt es eine Doku über mein Leben als ausländische Studentin und demnächst soll noch ein Interview im Radio erscheinen. Zu der kurzen Doku hat mich meine Freundin Cecilia, die Filmproduzentin ist, überredet. Sie meinte, dass es eine schöne Erinnerung sein würde (aber ich warte erstmal das Endprodukt ab). Obwohl es mir anfangs unangenehm war, dass die Kamera mir an drei Tagen gefolgt ist, hat es zugegebenermaßen schon etwas Spaß gemacht.

Meine Mitbewohnerin Christina
Mit meiner neuen deutschen Mitbewohnerin Christina unternehme ich echt viel, denn wir verstehen uns sehr gut. Wenn wir zusammen unterwegs sind, habe ich mir zum Hobby gemacht, zu zählen von wie vielen Männern wir angehupt werden oder uns hinterhergepfiffen wird. Zuerst dachte ich immer, dass wir vielleicht im Weg stehen könnten, aber da wir bis jetzt eigentlich immer in solchen Momenten auf dem Fußweg waren, bezweifle ich, dass sich die Autofahrer sich beschweren... Vor einer Weile war wir das erste Mal zusammen auf einem Tango-Abend. Mit ständig wechselnden Partnern stolpern wir durch unsere erste Tanzstunde. Zuerst war es ein komisches Gefühl fremden Leuten so nah zu kommen. Nach einer Weile konnten wir uns aber auflockern und uns darauf einlassen.

Die Pausen, die ich mich während der öden Lernphasen gönnte, führten mich zu einer Expedition durch die Bardas (die Hügellandschaft rund um Neuquén). Es gibt jeden Samstag sowohl ein Lauf- als auch ein Spazier-Treff. Die Riesengruppe hat sich während der Erkundungstour je nach Rhythmus der Personen in mehrere kleinere Gruppen unterteilt. Beim ersten Mal beteiligte ich mich bis zur Pause an der schnelleren Gruppe und schwenkte im zweiten Teil zu der langsameren um, um die Landschaft auf mich wirken zu lassen. Es ist viel mehr als nur eine Wüste, denn es gibt eine Menge von unterschiedlichen Pflanzenarten, die keinen gleichen, die ich bisher gesehen habe. Das letzte Wochenende habe ich mich sogar zum Joggen motivieren können. (Irgendwas Sportliches muss man ja tun, wenn man die ganze Zeit so viel und lecker mit Essen von seinen Mitbewohnern versorgt wird.)

In anderen Momenten, in denen ich dem Lernen müde war, stellte ich meine Backkünste auf die Probe. Zum einen musste ich mir Ersatzprodukte einfallen lassen, weil es hier kein Quark gibt, der ja essentiell für Eierschecke ist, zum anderen habe ich mich mal an einer Karamell-Bananen-Torte mit dulce de leche probiert. Für beide Kuchen habe ich großes Lob geerntet und wurde nach den Rezepten gefragt. Besonders meine Nachbarin, mit deren Sohn ich Englisch übe, hat sich gefreut, als ich ihr ein Stück vorbei brachte. 

Wer hätte es gedacht, aber die letzte Woche habe ich mich zum ersten Mal breitschlagen lassen und Fußball geschaut. Bloß gut, dass Argentinien am Dienstag gegen Kolumbien gewonnen hat, denn so war die Stimmung im Haus von Julis Cousine Ailu sehr ausgelassen. Wir waren eine große Gruppe und statt Public Viewing machten wir es uns vor dem riesigen Bildschirm bequem und genossen das Spiel, während es ganz typisch argentinisch Pizzas und Empanadas gab.

Kulturell hat Neuquén viel zu bieten. Letzte Woche war die Ausstellungseröffnung der Skulpturen von
Marina Papadopoulos im Nationalmuseum für Bildende Künste.


     
Kulturell habe ich mich dank Cecilia und Christina auf einige Sachen eingelassen: Ein Filmfestival in Cipolletti, eine Tangolernstunde, die Eröffnung einer Skulpturenausstellung und ein Kurzfilmabend im Zentrum haben mir sehr gefallen.


Heute haben wir (Christina und ich) uns wieder einmal mit Cristóbal getroffen, um zusammen an den Fluss zu gehen. Nichtsahnend und guter Dinge spazierten wir bei den warmen Temperaturen ohne Jacke los zu seinem Haus. Auf dem Weg redete ich mit einem Bekannten, der auch mitkommen wollte und versicherte ihm, dass das Wetter gut sei. Just als ich auflegte, fing es aus heiterem Himmel an zu schütten und zu winden. So eine Verschwendung für das Eis, was wir hatten! Der Wind, der uns Sand entgegenwarf wollte uns wohl den Geschmack verderben… Als wir es uns dann bei Cristóbal gemütlich machten, um das Mistwetter abzuwarten, war das schlechte Wetter wieder genauso schnell weg, wie es gekommen war. Notiz an selbst: April-Wetter gibt es hier im November. Am Ende hatten wir doch noch einen schönen Ausflug und fuhren zu meinem Lieblingsort.


Die letzten Tage wird es immer heißer. Wenn ich mir vor Augen halte, dass wir jetzt erst Frühling haben, dann frage ich mich, wie ich in meiner Unterkunft ohne Klimaanlage überleben soll. Irgendwie ist es ein sehr komisches Gefühl, bei sengender Hitze draußen umherzulaufen, dann endlich das gekühlte Shopping-Center zu betreten und dann staunend vor einem riesigen Weihnachtsbaum stehen zu bleiben. Da erst wurde mir bewusst, dass ich schon über ein Vierteljahr in Argentinien bin und meine Studienzeit sich dem Ende neigt.


Die nächsten Wochen werde ich vermutlich kaum Skypen können, da ich mir vornehme viel von Neuquén zu sehen und umherzureisen. Wenn ich zu Hause bin und Internet habe, dann muss ich mich angestrengt auf die (hoffentlich letzten!!!) Prüfungen vorbereiten. Ich wünsche meinen fleißigen Blog-Lesern eine angenehme und schöne Adventszeit.

Donnerstag, 3. November 2016

Life goes on ♪♫♪



Am 13. und 14. Oktober fand ein internationales Kolloquium über patagonische Literatur an meiner Uni statt, an dem auch Kommilitoninnen und eine Professorin aus Jena teilnahmen und ihre Forschungsergebnisse präsentierten. Daraus resultierend, habe ich jetzt eine neue deutsche Mitbewohnerin (Wer sonst ist die erste Anlaufstelle in Sachen Wohnungsangelegenheiten?). Zuerst war ich etwas skeptisch, wie es wohl sein wird, wenn eine zweite Deutsche mit im Haus wohnt, aber wurde bis jetzt nur positiv überrascht.


Außerdem lernte ich den Schriftsteller Gustavo de Vera kennen, der uns sogar einlud, ihn in Esquel besuchen zu kommen. Mit Sicherheit werde ich auf dieses Angebot zurückkommen. Er konnte mir sehr viel über die Geschichte der Mapuche erzählen und ich erfuhr, dass er sogar Schreib-Workshops in einem Gefängnis gibt!

Ein Mann genießt Mate ohne
sich vom schlechten Wetter die
Laune verderben zu lassen
Schuhe, die trocknen müssen
hängen wir über die Heizung.
Eine Dusche vor der Tür!

Mitte Oktober regnete es innerhalb von gut zwei Tagen so viel in Neuquén wie sonst in einem ganzen Jahr nicht. Der Wasserpegel im Fluss ist mächtig angestiegen und hat ganze Stadtteile unter Wasser gesetzt. Langsam fange ich mich an zu fragen, ob ich die Botin für Wetter-Ausnahmezustände bin. Während meiner Zeit in Texas hat es geschneit, in Osaka, einer genauso tropischen Zone, auch und jetzt hier die Überschwemmung in einer Wüstenstadt… Da ich auf dem Berg wohne, habe ich bis auf ein paar Lecks im Dach nicht viel davon mitbekommen. Dank des Ausfalls aller Veranstaltungen der Uni hatte während der verregneten Tage viel Zeit zum Lesen, der aufgeschobenen Texte.

Unser Fußboden wurde von Schüsseln geschmückt, die das
Wasser, was von der Decke tropfte, aufzufangen

Wenn ich mal einen Hauch von Heimweh innerhalb der letzten Wochen verspürt haben sollte, ist dieser die letzte Woche komplett verpufft, denn Ende Oktober bekam ich Besuch von meinem Bruder. Da das Haus in dem ich wohne nur für Frauen ist, musste ich einen Schlafplatz für Nico organisieren. So kam es dazu, dass er bei Cristóbal, einem Freund von einer Freundin unterkam.

Ein Ort, an den uns Cristóbal führte, hieß Confluencia. Hier gehen die Flüsse Limay und Neuquen in den Fluss Río Negro über. Zu diesem Zeitpunkt lebte sein Auto noch.
Mit Cristóbal erlebten wir viele tolle Dinge: Wir feierten seinen Geburtstag, lernten eine grüne Seite von Neuquén kennen, kochten zusammen und zu guter Letzt verbrachten wir die letzten Tage seines 50-jährigen Peugeots mit ihm.

Cristóbals Auto musste sich unter unserer Last anstrengen und ging kaputt...

Es wurde lecker gegrillt!
Das Wochenende war wirklich schön. Mit der Trainingsgruppe eines Freunds sind wir am Samstag an den See gefahren. Wir sind auf einem Campingplatz geblieben. An nichts hat es gefehlt: Sport (wir sind 6 km gejoggt), fantastisches Essen (was bei einem perfekten Tag bei mir nicht fehlen darf), tolles Wetter, Spaß (Slacklines, Klippenspringen, tolle Gesellschaft) und zum Abschluss ein wunderschöner Sonnenuntergang. Der Spruch „Das beste kommt zum Schluss“ müsste wohl noch einmal überdacht werden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es noch einen schöneren Tag geben wird.

Nico und seine Balancierversuche auf der Slackline



Suchbild.
Am Sonntag lernten wir den Ort China Muerta kennen. Zum ersten Mal sah ich die so genannten chacras (sowas wie Bauernhöfe) auf dem Land. Alles erstrahlte in einem saftigen Grün, als wir uns in dieser Gegend bewegten. Auf einem Hof holten wir einen Bekannten ab, der uns begleiten würde. Dabei begegneten wir seiner Oma, die schon ein beträchtliches Alter hatte (man bedenke, dass der Bekannte an sich schon mindestens 40 ist). Es war eine traurige und zugleich witzige Situation, als sie in einem altertümlichen Spanisch fragte, von wo wir seien und 2 Minuten später die gleiche Frage erneut beantworten mussten. Jedes Mal (insgesamt ungefähr fünfmal) machte sie mir ein Kompliment wie hübsch ich doch sei. Hahaha!

  



Zusammen mit ein paar Freunden verbrachten wir den Tag am Fluss in der Nähe der Bauernhöfe. Mir wurde erzählt, dass sich auf den Inseln verschiedene Kommunen niederlassen würden und das ganz ohne Lizenz! Sie meinten, dass das in letzter Zeit immer mehr Leute machen würden, weil es Gebiete sind, die keinem gehören und der Staat diese nicht verkaufen kann. Hat man sein Haus erst einmal gebaut, würde es einem keiner mehr nehmen. Ich traute meinen Ohren kaum! Was würde wohl das Bauamt in Deutschland dazu sagen?!

Murga ist eine Musikrichtung, die auf Karnevals gespielt wird. Am Sonntag
war im Parque Central eine Versammlung von verschiedenen Bands.




Am Montagabend wurde Nico zum Abschiedsessen zu uns nach Hause eingeladen. Es gab leckere Pizzen, die Maggies Sohn für uns zubereitete. Bei der Gelegenheit konnten wir auch gleich Christina, meine neue deutsche Mitbewohnerin willkommen heißen.

Auflösung des Suchbilds