Einer meiner Lieblingsorte, um zu entspannen |
Wer dachte, dass ich in Argentinien die ganze Zeit Urlaub mache,
der hat sich geirrt! Die letzten zwei Wochen war ich am durchbüffeln. Fast
jeglicher Freizeitaktivitäten beraubt, legte ich meinen Fokus darauf, gut bei
den zweiten Zwischenprüfungen abzuschneiden. Mit viel Angst und Bangen brachte
ich sie hinter mich. Es erreichten mich sogar schon die ersten positiven
Rückmeldungen.
Außerdem werde ich in der Stadt Neuquén langsam zu einer
Berühmtheit. Neben dem Interview, welches am Anfang in der Zeitung gelandet
ist, gibt es eine Doku über mein Leben als ausländische Studentin und demnächst
soll noch ein Interview im Radio erscheinen. Zu der kurzen Doku hat mich meine
Freundin Cecilia, die Filmproduzentin ist, überredet. Sie meinte, dass es eine
schöne Erinnerung sein würde (aber ich warte erstmal das Endprodukt ab). Obwohl
es mir anfangs unangenehm war, dass die Kamera mir an drei Tagen gefolgt ist,
hat es zugegebenermaßen schon etwas Spaß gemacht.
Meine Mitbewohnerin Christina |
Mit meiner neuen deutschen Mitbewohnerin Christina unternehme ich echt viel, denn wir verstehen uns sehr gut. Wenn wir zusammen unterwegs sind, habe ich mir zum Hobby gemacht, zu zählen von wie vielen Männern wir angehupt werden oder uns hinterhergepfiffen wird. Zuerst dachte ich immer, dass wir vielleicht im Weg stehen könnten, aber da wir bis jetzt eigentlich immer in solchen Momenten auf dem Fußweg waren, bezweifle ich, dass sich die Autofahrer sich beschweren... Vor einer Weile war wir das erste Mal zusammen auf einem Tango-Abend. Mit
ständig wechselnden Partnern stolpern wir durch unsere erste Tanzstunde. Zuerst
war es ein komisches Gefühl fremden Leuten so nah zu kommen. Nach einer Weile
konnten wir uns aber auflockern und uns darauf einlassen.
Die Pausen, die ich mich während der öden Lernphasen gönnte,
führten mich zu einer Expedition durch die Bardas (die Hügellandschaft rund um
Neuquén). Es gibt jeden Samstag sowohl ein Lauf- als auch ein Spazier-Treff.
Die Riesengruppe hat sich während der Erkundungstour je nach Rhythmus der
Personen in mehrere kleinere Gruppen unterteilt. Beim ersten Mal beteiligte ich
mich bis zur Pause an der schnelleren Gruppe und schwenkte im zweiten Teil zu
der langsameren um, um die Landschaft auf mich wirken zu lassen. Es ist viel
mehr als nur eine Wüste, denn es gibt eine Menge von unterschiedlichen
Pflanzenarten, die keinen gleichen, die ich bisher gesehen habe. Das letzte
Wochenende habe ich mich sogar zum Joggen motivieren können. (Irgendwas
Sportliches muss man ja tun, wenn man die ganze Zeit so viel und lecker mit
Essen von seinen Mitbewohnern versorgt wird.)
In anderen Momenten, in denen ich dem Lernen müde war, stellte ich meine Backkünste auf die Probe.
Zum einen musste ich mir Ersatzprodukte einfallen lassen, weil es hier kein
Quark gibt, der ja essentiell für Eierschecke ist, zum anderen habe ich mich
mal an einer Karamell-Bananen-Torte mit dulce de leche probiert. Für beide
Kuchen habe ich großes Lob geerntet und wurde nach den Rezepten gefragt. Besonders meine Nachbarin, mit deren Sohn ich Englisch übe, hat sich gefreut, als ich ihr ein Stück vorbei brachte.
Wer hätte es gedacht, aber die letzte Woche habe ich mich zum
ersten Mal breitschlagen lassen und Fußball geschaut. Bloß gut, dass
Argentinien am Dienstag gegen Kolumbien gewonnen hat, denn so war die Stimmung
im Haus von Julis Cousine Ailu sehr ausgelassen. Wir waren eine große Gruppe
und statt Public Viewing machten wir es uns vor dem riesigen Bildschirm bequem
und genossen das Spiel, während es ganz typisch argentinisch Pizzas und
Empanadas gab.
Kulturell hat Neuquén viel zu bieten. Letzte Woche war die Ausstellungseröffnung der Skulpturen von Marina Papadopoulos im Nationalmuseum für Bildende Künste. |
Kulturell habe ich mich dank Cecilia und Christina auf einige Sachen eingelassen:
Ein Filmfestival in Cipolletti, eine Tangolernstunde, die Eröffnung einer
Skulpturenausstellung und ein Kurzfilmabend im Zentrum haben mir sehr gefallen.
Heute haben wir (Christina und ich) uns wieder einmal mit
Cristóbal getroffen, um zusammen an den Fluss zu gehen. Nichtsahnend und guter
Dinge spazierten wir bei den warmen Temperaturen ohne Jacke los zu seinem Haus. Auf dem Weg redete ich mit einem Bekannten, der auch mitkommen wollte und
versicherte ihm, dass das Wetter gut sei. Just als ich auflegte, fing es aus
heiterem Himmel an zu schütten und zu winden. So eine Verschwendung für das
Eis, was wir hatten! Der Wind, der uns Sand entgegenwarf wollte uns wohl den
Geschmack verderben… Als wir es uns dann bei Cristóbal gemütlich machten, um
das Mistwetter abzuwarten, war das schlechte Wetter wieder genauso schnell weg,
wie es gekommen war. Notiz an selbst: April-Wetter gibt es hier im November. Am
Ende hatten wir doch noch einen schönen Ausflug und fuhren zu meinem
Lieblingsort.
Die letzten Tage wird es immer heißer. Wenn ich mir vor
Augen halte, dass wir jetzt erst Frühling haben, dann frage ich mich, wie ich
in meiner Unterkunft ohne Klimaanlage überleben soll. Irgendwie ist es ein sehr
komisches Gefühl, bei sengender Hitze draußen umherzulaufen, dann endlich das
gekühlte Shopping-Center zu betreten und dann staunend vor einem riesigen
Weihnachtsbaum stehen zu bleiben. Da erst wurde mir bewusst, dass ich schon
über ein Vierteljahr in Argentinien bin und meine Studienzeit sich dem Ende
neigt.
Die nächsten Wochen werde ich vermutlich kaum Skypen können,
da ich mir vornehme viel von Neuquén zu sehen und umherzureisen. Wenn ich zu
Hause bin und Internet habe, dann muss ich mich angestrengt auf die (hoffentlich
letzten!!!) Prüfungen vorbereiten. Ich wünsche meinen fleißigen Blog-Lesern
eine angenehme und schöne Adventszeit.