Der Weg ins spannende Argentinien
Am Flughafen
In Frankfurt startete die Reise am Dienstagabend und führte
mich über Madrid, wo ich Zeugin eines belustigenden Ereignisses wurde. Während
ich auf den Flieger nach Buenos Aires wartete (laut Ansprache des Piloten nur
eine „kleine Verspätung“ – übersetzt: eine Stunde länger!!!), ging ein
spanischsprechender Mitarbeiter des Flughafens durch die wartenden Reihen und
fragte, wer denn allein fliegen würde. Zum Glück hatte ich nicht sofort die
Hand hoch gerissen und es wurde jemand anders zum Opfer der Attacke. Da der
Flieger überbucht war, wurde nach einer Person gesucht, die erst morgen zur
selben Uhrzeit fliegen würde.
Generelle Infos über Argentinien
Wie du dir bei ca. 19 Stunden Reisezeit vorstellen kannst, hatte ich viel Zeit, mich
mit meinem Reiseführer zu beschäftigen und schon einmal erste Eindrücke zu
sammeln. Im folgenden Abschnitt gebe ich dir einen kleinen historischen
Überblick über das Land, in dem ich die nächsten Monate verbringen werde.
Das spanisch-sprachige Argentinien befindet sich im Süden
Lateinamerikas, was bedeutet, dass ich mich jetzt direkt in den dortigen Winter
begebe. Dieser ist in der Hauptstadt Buenos Aires wohl eher das, was bei uns ein kühler Herbst
wäre. In Patagonien wehen angeblich eisige Winde und es ist ziemlich kalt. Die hiesige Währung nennt man Argentinische Pesos. Hier kann man nur gegen eine relativ hohe Gebühr Bargeld abheben, deshalb empfehle ich dir Euroscheine mitzunehmen, die du dann hier umtauschen kannst.
Schon auf dem Flughafen fiel mir auf, dass die meisten
Menschen, die nach Buenos Aires reisen ziemlich europäisch aussehen. Der Grund
dafür: In den letzten beiden Jahrhunderten gab es mehrere Einwanderungswellen und
das nicht nur aus Spanien, sondern auch aus Polen, Deutschland, Italien,
Irland, der Schweiz und dem Nahen Osten.
Sagt dir der Name Juan Domingo Perón etwas? Er ist fast so
eine wichtige Persönlichkeit der argentinischen Geschichte wie der Spanier Juan
Díaz de Solís, der 1516 die Mündung des Paraná entdeckte und einen „Heldentod“
starb, als er zur Mahlzeit der Charrúa-Indianer wurde. Die zweite (fast genauso
unglückliche) Unternehmung, wird von Pedro de Mendoza gestartet, welcher die
gegründete Stadt aufgrund von Angriffen der Ureinwohner wieder aufgeben musste.
Der Name Buenos Aires entstammt der heimatlichen Schutzpatronin (Nuestra señora
del Buen Ayre). Erst ca. 50 Jahre später gelang die Gründung von Buenos Aires spanischen
Streitkräften von Asunción aus. Jedenfalls ist Perón ein ehemaliger Präsident Argentiniens, der durch eine
Militärdiktatur ab 1955 ins Exil nach Spanien gezwungen wurde. Trotzdem hat er
es 1973 erneut an die Macht geschafft. Nach seinem Tod ein Jahr später konnte
seine Frau sich allerdings nicht gegen die Gewalt des Militärs behaupten und es
folgte wieder eine Militärdiktatur. Ein ganz schönes Chaos, oder?
Beim Krieg um die Falklandinseln, aus dem Großbritannien
Anfang der 80er Jahre als Sieger hervorging, war das Militär erheblich
geschwächt. Ab 1983 begann ein Demokratisierungsprozess und 20 Jahre später
erlebte die Wirtschaft mit Präsident Néstor Kirchners Mitte-links-Regierung
einen starken Aufschwung. Als seine Frau Cristina Fernández de Kirchner die
Wahlen gewann, löste sie ihn 2007 ab. Seit Ende letzten Jahres gibt es eine neue
Regierung, über die ich momentan aber noch nicht viel berichten kann. Als
kleine Geschichtsstunde reicht das erstmal!
Ankunft
Gut angekommen war ich Mittwochmorgen am EZE-Flughafen,
der südlich von der Stadt Buenos Aires liegt. Dank Agustín war die Ankunft sehr
entspannt, da ich den Luxus genoss, mit dem Auto abgeholt zu werden. Ich konnte
es kaum erwarten das Land endlich „life“ zu erleben, nachdem ich herzlich von
Agustíns Familie in Empfang genommen wurde. Sogar Carla, seine Schwester, die
schon ausgezogen ist und mir ihr Zimmer überließ, lernte ich per Skype am
Frühstückstisch kennen (dass sie eigentlich gerade auf Arbeit war, sprach einer
kleinen Unterhaltung nicht entgegen). Nach einer kleinen Führung durch sein
niedliches Häuschen, in dem ich mich die nächsten Tage aufhalten würde,
bewegten wir uns in die Stadt wie normale Porteños
(übersetzt Hafenbewohner – so wie sich die Leute aus Buenos Aires nennen): Mit
dem tren (Zug) und der subte (U-Bahn). Was mich besonders fasziniert, sind die
wunderschön gestalteten Mosaike und Kunstwerke, die sich an den Wänden der
Untergrundpässe entlangziehen.
Mir gefällt die künstlerische Vielfalt der
Stadt: Selbst, wenn es viele heruntergekommene Gebäude gibt, so werden sie in
eine bunte Hülle gepackt und zu wahren Schätzen (zumindest für Menschen wie
mich, die sich für Malerei und Graffiti begeistern).
Ganz entgegen meiner
anfänglichen Erwartungen, sah ich viel Reichtum in der Stadt. Dies lag aber vor
allem daran, dass ich die ersten beiden Tage nur die wohlhabenden Gegenden zu
Gesicht bekam. Die Menschen, die in den öffentlichen Verkehrsmitteln Sachen zu
verkaufen versuchten und der Junge, der um Essen bettelte, entsprachen da schon
eher dem, was man aus Erzählungen über die soziale Spaltung des Landes hört.
Kein Wunder also, dass man von allen Argentiniern, die es gut mit einem meinen
und mit Europäern Erfahrung haben, darauf hingewiesen wird, unbedingt auf seine
Sachen aufzupassen. So wechselten wir zum Beispiel den Wagon in der U-Bahn mit der
Begründung, dass sich im vorigen Abteil eine verdächtige Person befand. Man
kann beobachten, dass alle Passagiere ständig ihre Tasche im Blick haben (was
ein extremer Unterschied zu Japan ist, wo die Leute ein gemütliches Nickerchen
während der Fahrt halten).
Was mich am meisten an Buenos Aires verwunderte, war wohl
der Baustil. Ich hatte zwar gelesen,
dass sich die Stadt im Vergleich zum Rest von Lateinamerika sehr europäisch
gibt, doch dass alles so enorm französischen oder spanischen Gebäuden gleicht,
hätte ich nie gedacht. Zugegeben: Ich beziehe mich hier auf die Gebäude, die Straße
Av. De Mayo flankieren und solche im
Stadtteil von Recoleta, wo ein zweites Paris geschaffen wurde. Hier haben sich
europäische Architekten ausgetobt.
Zu meinem Erstaunen liegt die Metropole
übrigens nicht am Meer, sondern nahe der Mündung des gigantischen Flusses Río
de la Plata (da man das andere Flussufer nicht erkennt, kommt es einem vor, als
befände man sich an den großen Weiten des Ozeans).
Am ersten Tag gab mir eine zweistündige Stadtführung einen
Überblick über einen Großteil der Hauptsehenswürdigkeiten im Zentrum, wie zum
Beispiel: Parlament, Palacio Barolo, und Casa Rosada.
Die Endstation war Plaza de Mayo, wohl einer der
geschichtlich bedeutendsten für Argentinien. In nicht zu großer Vergangenheit
versammelten sich hier die Mütter der desaparecidos (der Verschwundenen)
während der Zeit der Repression. Aufgrund des Verbotes von Demonstrationen auf
den Platz, marschierten sie in einem großen Kreis um den Platz herum. Auf dem
Boden erinnern die in Kreisform um die zentrale Säule in Stein gefassten
Kopftücher an die Protestmärsche. Noch heute finden jeden Donnerstag
Versammlungen statt.
Abends tischte die kochbegabte Mutti von Agustín Sorrentinos auf, was ein typisches
argentinisches Gericht ist, welches großen Tortellini gleicht. Ein Genuss! Ich
glaube, dass ich ein neues Lieblingsessen gefunden habe.
Am zweiten Tag ging es lecker weiter: Es gab Facturas,
süßes Blätterteiggebäck in unterschiedlichsten Formen. Sind in Deutschland Privathäuser,
die alarmgesichert sind, üblich? Da ich sowas nicht gewohnt war, schaffte ich
es natürlich mit Bravour den Alarm des Hauses am Morgen auszulösen.
Nichtsahnend spazierte ich in die Küche, es ging eine Sirene los und ein paar
Sekunden später stand Agustín in der Tür. Aber man kann seine Laune anscheinend
nicht trüben, denn auch, als ich es kurze Zeit später fertigbrachte, den
Rollladen funktionsuntüchtig zu machen, blieb er die Ruhe in Person. Und dabei
dachte ich, dass Argentinier ihren Empfindungen wild gestikulierend und laut
Ausdruck verleihen würden! :D
Von rasantem Charakter zeugt schon eher die Fahrweise der argentinischen
Autofahrer. Was für ein Chaos auf diesen Straßen. Rot scheint mir hier weniger
eine Signalfarbe zu sein, als ein Accessoire, welches die Straße in ein schönes
Licht taucht.
Dass jemand auf die Idee kommt links zu überholen, ist genauso
unwahrscheinlich wie eine Autofahrt lang kein Hupen zu hören oder gar den
Sicherheitsabstand einzuhalten: Hier ist es gängig von rechts zu überholen. Wenn
ich mich jemals wieder über die Fahrweise von Münchnern beschwere, erinnere
mich an Buenos Aires!
Jedenfalls war unser Plan diesmal mit dem Auto in die
Stadt zu fahren, um das Nachtleben der Porteños
unsicher zu machen. An dieser Stelle muss ich ein Geständnis loswerden: Ich
habe mich verliebt. Buenos Aires ist wirklich einmalig und facettenreich. Nach
einer Radtour durch das ruhigere Stadtviertel von Palermo, höre ich Agustín
sagen: „Das war doch nicht Buenos Aires!“
– Was ist denn dann Buenos Aires? Sind
dann vielleicht die europäisch angehauchten Gebäude in Recoleta typisch?
Oder
die kunterbunten Hafenbauten im Viertel la Boca, oder vielleicht die modernen, futuristischen
Hochhäuser im Puerto Madero, die wir uns am dritten Tag anschauten?
Es gibt einfach wahnsinnig viel zu entdecken und ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es in so einer Stadt langweilig werden könnte.
Man kann wirklich sagen, dass die Welt ein Dorf ist. So
erfuhr ich, dass eine Schulfreundin zur gleichen Zeit wie ich in Buenos Aires war.
Und nicht nur sie, sondern auch noch ein anderer Argentinier, den ich aus
Dresden kannte. Es stellte sich raus, dass die beiden sich kannten und auch Freunde
von Agustín sind. Zufälle gibt es! Am Donnerstag sind wir alle in eine Bar
gegangen und verbrachten einen tollen Abend zusammen. Jedoch muss ich mich noch
daran gewöhnen, dass man keine Sekunde für sich allein am Rand stehen kann,
weil sonst sofort jemand zur Stelle ist, der mit einem (nicht nur) reden oder
tanzen möchte.
Alles in allem hatte ich eine wunderbare Zeit, die ich so
schnell nicht vergessen werde. Ich bin sehr dankbar, dass ich so lieb und gastfreundlich
aufgenommen wurde. Bevor ich von Deutschland los geflogen bin, hätte ich mir
nicht erträumen können, dass es so toll hier sein würde.
Schön, dass du gut gelandet bist und so herzlich empfangen wurdest. Du hast ja eine ganze Menge innerhalb von ein paar Tagen in Buenos Aires erlebt. Ich bin gespannt auf deine Berichte aus Neuquen und anderen Teilen in Argentinien!
AntwortenLöschenSehr interessante Berichterstattung von deinen Tagen in Buenos Aires! Wir freuen uns, dass es dir sooo gefällt in Argentinien. Weiterhin viel Spaß!
AntwortenLöschenLiebste Grüße von zu Hause